Stefan Merk etablierte vor zehn Jahren Arbeitsplätze für behinderte Schauspieler

von Pat Christ

Großen Erfolg feierten Stefan Merk und das achtköpfige Ensemble des Theater Augenblick im Jahr 2006 mit seinem Stück „Zwischengleise“.

Hier entsteht Theater aus dem Augenblick heraus. Aus spontanen Regungen und Einfällen. Nur die groben Strukturen des Stücks sind festgelegt. Vieles jenseits davon bleibt offen. Das macht die Vorstellungen authentisch und jede Aufführung zum Unikat. Und es verleiht dem von Stefan Merk gegründeten „Theater Augenblick“ weithin das Etikett, etwas ganz Besonderes in der Theaterlandschaft zu sein. Am 18. Oktober feiert die „Augenblick“-Truppe in ihrer Spielstätte in Lengfeld 10-jähriges Bestehen. Menschen mit Behinderung einen kreativen Arbeitsplatz zu geben, diese Idee stand hinter Merks mutigem Projekt „Theater Augenblick“. Theaterliebhabern wollte der Pädagoge gleichzeitig zeigen, welche berührenden Momente dadurch entstehen, dass sich Menschen mit geistiger und oft auch körperlicher Behinderung in ihrer Eigenart auf der Bühne verwirklichen. Ganz nebenbei, fast unbemerkt werden in der oft amüsanten, manchmal auch melancholischen Begegnung zwischen behinderten Schauspielern und nicht behinderten Zuschauern Berührungsängste abgebaut. Merk: „Nach der Vorstellung sitzen unsere Schauspieler öfters am Bühnenrand und geben Autogramme“.

Behinderte Charaktere sind im Jahr 2008 nicht mehr ganz so sensationell, wie das 1998 war. Merk: „Die Akzeptanz ist spürbar gewachsen.“ Als der Theaterpädagoge mit seiner Arbeit begann, galt sie noch als ziemlich ungewöhnlich. Es gab zwar schon andere Theatergruppen, aber eigene Arbeitsplätze für Schauspieler mit Behinderung war damals nur in Frankreich und Belgien normal. Wie schwer es Schauspieler mit Handicap lange Zeit in Deutschland hatten, berichtete Peter Radtke zur Eröffnung der ersten festen „Augenblick-Bühne“ 2004 in Lengfeld. 1986 spielte Radtke die Rolle des Willie in George Taboris Beckett-Inszenierung "Glückliche Tage". Ein Rezensent fragte in seinem Bericht: "Warum muss Radtke einen Behinderten spielen?“ Bis heute stellt Stefan Merks „Theater Augenblick“ in Deutschland etwas Besonderes dar. Im gesamten Bundesgebiet gibt es nur vier Werkstätten für Menschen mit Handicaps, die Arbeitsplätze für Schauspieler anbieten. In Bayern hat das „Augenblick“ bis heute keinen einzigen Nachahmer gefunden.

Bildnachweis: Theater Augenblick

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