Das neue Gesicht des E.T.A.-Hoffmann-Theaters in Bamberg

von Marie Gunreben (erschienen in Ausgabe 10/2015)

V.l.n.r.: Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke, Intendantin Sibylle Broll-Pape, Chefdramaturg Remsi Al Khalisi, Verwaltungsleiter Dieter Strattner

Im Oktober 2015 übernimmt Sibylle Broll-Pape die Leitung des Bamberger Theaters.

Damit löst sie den alteingesessenen Intendanten Rainer Lewandowski ab, der vor allem für seine eigenen, mitunter recht speziellen Stücke und Adaptionen bekannt und umstritten war.

Unter Broll-Pape soll sich einiges ändern. So versteht sich die neue Intendantin als Regisseurin und dezidiert nicht als Autorin: Produktionen aus der eigenen Feder muss man von ihr also nicht befürchten.

Auch die in Bamberg vormals gern gezeigten Musicals, Operetten und Boulevardkomödien sucht man auf dem neuen Spielplan vergebens.

Stattdessen setzen Broll-Pape und Chefdramaturg Remsi Al Khalisi auf einen Mix aus Klassikern, zeitgenössischen Theatertexten und Auftragsarbeiten.

Das Programm soll insbesondere das jüngere Publikum wieder in den Zuschauerraum locken - waren doch gerade die Studierenden dem Stadttheater in den letzten Jahren eher ferngeblieben.

Jung ist vor allem auch das Ensemble: Broll-Pape bringt zwölf Schauspielerinnen und Schauspieler mit, die zum Teil frisch von der Schauspielschule kommen – darunter vom renommierten Max- Reinhardt-Seminar in Wien, der Folkwang Universität Bochum oder der Schauspielschule „Ernst Busch“ in Berlin.

Das Programm für die erste Spielzeit folgt – auch das ist in Bamberg ein Novum – einem thematischen Konzept: Es kreist um die Frage, was es heißt, deutsch zu sein.

Den Anfang macht mit Hebbels „Nibelungen“ ein Drama, das viel Fingerspitzengefühl verlangt – handelt es sich hierbei doch um einen „urdeutschen“ Stoff, der in der Vergangenheit wiederholt ideologisch missbraucht wurde.

Regie führt Broll-Pape selbst, die Premieren finden am 23. Oktober (Teil 1) und am 24. Oktober (Teil 2) statt. Parallel zu diesem Schwergewicht läuft im Studio die Uraufführung von Konstatin Küspers „rechtes denken“ (Premiere: 18. Oktober), einem eigens für Bamberg verfassten Text, der nach den Entstehungsbedingungen von Rechtsradikalismus fragt.

Die Kombination aus Klassikern und zeitgenössischen Texten zieht sich durch die gesamte Spielzeit: Mit August von Kotzebues „Krähwinkel“ (4. Dezember), E.T.A. Hoffmanns „Die Elixiere des Teufels“ (22. Januar 2016), Heinrich von Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ (18. März 2016) oder Thomas Manns „Buddenbrooks“ (13. Mai 2016) werden kanonische Texte zur Aufführung gebracht.

Nebenan stehen gleich vier Uraufführungen auf dem Programm sowie eine Reihe aktueller Dramen: darunter Sibylle Bergs Stück „Viel gut essen“ (27. November), das den Stammtisch-Satz „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ sarkastisch unter die Lupe nimmt, und Roland Schimmelpfennigs „Das schwarze Wasser“ (29. Januar 2016), das die Kluft zwischen „gebürtigen Deutschen“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“ verhandelt.

Das neue Programm des ETA Hoffmann Theaters ist im besten Sinne ein Politisches, in Zeiten der Fremdenfeindlichkeit und Deutschtümelei von Pegida und Co. wirft es einen kritischen Blick auf Heimat und Identität und motiviert zum Dialog.

Einige bewährte Elemente behält das neue Team bei: Als Weihnachtsmärchen wird „Peterchens Mondfahrt“ (20. Novmber) auf die Bühne gebracht und auch die Calderón-Festspiele werden mit einem spezifisch „deutschen“ Stoff – Grimmelshausens „Simplicissimus Teutsch“ – fortgeführt.

Wichtig scheint dem neuen Team auch die Öffnung zur Stadt zu sein: Auf dem Plan steht sowohl eine Kooperation mit einer Komponistin der Villa Concordia, die die Musik zu Gertrude Steins „Dr. Faustus Lights the Lights“ (17. Juni 2016) schreiben wird, als auch eine Zusammenarbeit mit den Bamberger Symphonikern („Die deutsche Seele“ nach Thea Dorn/ Richard Wagner, 29. April 2016).

Ein Projekt mit dem Titel „Stadt Land Fluss“ (Juni/Juli 2016) findet außerhalb der Theatermauern an wechselnden Orten in Bamberg statt.

Alles in allem ist dieser umfangreiche Spielplan vor allem eins: ambitioniert. In ihrer ersten Spielzeit wollen Broll- Pape und ihr Team erklärterweise „in Vorleistung gehen“, um noch den letzten Skeptiker unter den Bamberger Zuschauern von ihrem Anspruch zu überzeugen.

Man darf gespannt sein.

INFO: www.theater.bamberg.de

Bildnachweis: Thomas Bachmann

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