Eine Vorschau für die neue Spielzeit am Mainfranken Theater Würzburg

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 09/2024)

Ein bisschen was vom „Gehen in die Fremde“ (so das neue Spielzeitmotto) schwang mit bei der Vorstellung der Saison 2024/25 am Mainfrankentheater Würzburg. Nicht nur, dass es die letzte Spielzeit für Intendant Markus Trabusch ist, auch GMD Enrico Calesso wird Würzburg nach 2025 Richtung Triest verlassen. Ungewiss bleibt auch, ob das Große Haus 2029 eröffnet werden kann. Aber mit der Eröffnung des Kleinen Hauses (vorwiegend als Spielstätte für das Schauspiel) ist das Theater zurück in der Stadt und mitten in ihr angekommen. Zusammen mit der Blauen Halle in der Dürrbachau, dem Ort für größere Produktionen im Musiktheater und Tanz, hat sich in der letzten Saison die Publikumsfrequenz um mehr als 25 Prozent gesteigert. Bravo!

Theater ist sehr wichtig für die Vermittlung demokratischer Werte, dabei ist auch das Thema Migration ein wesentlicher Punkt. So beginnt das Musiktheater am 6. Oktober mit der Oper von Luigi Cherubini „Medea“ von 1797, nach der antiken Tragödie von Euripides, einer Geschichte um Liebe und Hass und Ausgrenzung, von Brahms gelobt als „das Höchste in dramatischer Musik“. Danach gibt es eine Lustspieloperette mit tragischem Hintergrund, nämlich Paul Abrahams „Märchen im Grand Hotel“ von 1934, dem letzten Werk des jüdischen Komponisten vor seiner Flucht vor den Nazis. Anlässlich des 100. „Geburtstags“ von Alban Bergs Oper „Wozzeck“ leitet GMD Enrico Calesso dieses spannende Werk sozusagen als seine eigene Abschiedsgala.

Mit Udo Zimmermanns Kammeroper „Die weiße Rose“ (im Kleinen Haus) erinnert das Theater am geschichtsträchtigen Premierenabend des 16. März an den zerstörerischen Faschismus der Nazis und den mutigen Widerstand dagegen. Die Oper „Carmen“ von Georges Bizet stellt eine Frau, die sich die Freiheit nicht nehmen lassen will, in den Mittelpunkt. Wiederaufgenommen wird Verdis letzte Oper „Falstaff“ in einer recht skurrilen Inszenierung.

Im Schauspiel geht es am 28. September los mit Schillers Drama „Maria Stuart“, dem folgt auf der Probebühne ein viel diskutiertes Stück von Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek „In den Alpen“, eine „Wutrede über die Maßlosigkeit der Menschen“. Zur Weihnachtszeit wird „Die Schneekönigin“ von Jewgeni Schwarz nach dem Märchen von Hans Christian Andersen ganze Familien ins Kleine Haus locken. Auch „The Rocky Horror Show“ garantiert sicher wieder ständig ausverkaufte Vorstellungen.

Ernster geht es zu bei dem ergreifenden Stück „Ente, Tod und Tulpe“, einer Wiederaufnahme. Gewünscht wurde auch wieder das Stück „Kunst“ von Yasmina Reza. Wer Spaß hat an bitterbösem britischem Humor, ist bei „Frohes Fest“ von Anthony Neilson bestens bedient. Die erfolgreiche Produktion „Das schweigende Klassenzimmer“ erinnert auch in dieser Spielzeit an die mutige Auflehnung von Schülern gegen das totalitäre Regime der DDR. Die Uraufführung „Escape Love“ von Elisabeth Page befasst sich kritisch mit romantischen Träumen junger Leute. Bertold Brechts Drama „Leben des Galilei“ mit Musik von Hanns Eisler stellt die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in totalitären Systemen.

So schwungvoll die „Comedian Harmonists“ auch singen bei der Wiederaufnahme, der Hintergrund bleibt ernst. „Was Wanda will“ von Lona Hoch ist ein humorvoller Kinder-Krimi auf der Probebühne. Das Trauerspiel von Goethe „Clavigo“ von 1774 zeigt den Konflikt des Künstlers mit der kleinbürgerlichen Ordnung. Die Gesellschaftskomödie „Dreimal leben“ von Yasmina Reza beschließt die Sprechtheater-Saison.

Auch die Tanzsparte trägt zur Vielseitigkeit bei, so die Uraufführung von Dominique Dumais‘ Choreografie „Classic Soul“, bei der sich Klänge von Bach mit der Soul-Sängerin Nina Simone verbinden. Drei Choreografien sind beteiligt im Kleinen Haus an dem Tanzabend „Bis dass der Tod uns scheidet“. Die große Ballettproduktion „Grimms Reisen“ reflektiert das Leben wie auch einige Märchen der Gebrüder Grimm. Und auch die Reihe „TanzXperiment“ wird fortgesetzt.

Bildnachweis: Nik Schölzel

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