Gespräch mit Robert Scheller, dem ehemaligen Sozialreferenten und jetzigem Kämmerer der Stadt Würzburg

von Stadt Würzburg (erschienen in Ausgabe 11/2014)

Mit großen Schritten gehen wir auf das Jahresende zu.

In vielen Bereichen eine Zeit zum Innehalten und auch zum Résumé ziehen. Im Falle Robert Schellers, dem jetzigen Kämmerer der Stadt und ehemaligen Sozialreferenten, trifft das im doppelten Sinn zu.

Leporello hat sich mit ihm darüber unterhalten...

Robert Scheller, ehemaliger Sozialreferent und neuer Kämmerer der Stadt.Leporello (L): Es ist nicht nur ein Résumé der Jahresaktivitäten im Bereich Soziales der Stadt, sondern auch ein Résumé des scheidenden Sozialreferenten, der zu neuen Ufern aufbricht. Wenn Sie das Sozialreferat hinter sich lassen, auf welche positiven Entwicklungen blicken sie zurück? Was konnte alles bewegt werden?

Robert Scheller (RS): Ich kann auf viele positive Entwicklungen und Erfahrungen zurückblicken, vor allem auf viele Begegnungen und viele Kontakte mit Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt, auf die Möglichkeiten, die soziale Infrastruktur unserer Stadt zu gestalten. Und ja – es konnte vieles bewegt werden, in allen Bereichen meines Referats, ob für die Kinderbetreuung, vor allem die Kleinkindbetreuung, die Schaffung weiterer Hortplätze, die Ferienprogramme, die Skateanlage an den Mainwiesen, das Bewegungsfeld auf dem Heuchelhof, den Neubau des Jugendzentrums in der Zellerau, die Schaffung der Fachstelle Wohnungslosenhilfe, die Schaffung des Pflegestützpunkts, den Aufbau einer Substitutions- Ambulanz. Wir haben den Preis der Staatsregierung für kommunale Seniorenpolitik bekommen, einen Behindertenbeirat gegründet und als eine der ersten Städte in Bayern einen kommunalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aufgestellt. Der Bürgersozialpreis zeichnet alle zwei Jahre besonders engagierte Würzburger aus, durch den Ehrenamtsempfang kommt ebenfalls alle zwei Jahre eine große Zahl an Jugendlichen aus allen Teilen der Stadt ins Rathaus und lernt das Haus der Bürgerschaft auch von innen kennen. Beeindruckend war auch das bisher zweimal veranstaltete Ramadan-Fastenbrechen im Rathaus, zu dem wir unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger eingeladen haben. Sehr zufrieden bin ich aber vor allem damit, dass wir in allen Teilen der Stadt gewirkt haben und jeweils die betroffenen Menschen, die Träger und diejenigen, die sich engagieren wollten, mit eingebunden haben.

L: Wo sind noch Baustellen?

RS: Im sozialen Leben einer Stadt, im sozialen Miteinander, gibt es immer wieder Baustellen. Das sieht man anhand der Flüchtlingsthematik, die mir – aufgrund der Reaktionen, die wir erhalten – zeigt, dass es da noch viele Bedenken und Ängste abzubauen gilt. Daran müssen wir arbeiten, genauso wie an der Verbesserung der Ganztags-, bzw. Nachmittagsbetreuung für Schüler und vor allem an der Verbesserung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Auch einige große Generalsanierungen von Kindertagesstätten stehen noch an, so wie die Aufnahme des Stadtteils Lindleinsmühle in das Städtebauförderungsprogramm „Die Soziale Stadt“, was ich sehr gerne noch mitbegleitet hätte. Zur Zeit geht es vor allem darum, die Flüchtlingsunterbringung in Würzburg gut und verträglich zu organisieren.

Mit dem Kinderspielplatz "Am Stockbrunnen" konnte ein weiterer Baustein für Familienfreundlichkeit an die Familien im Stadtteil Rottenbauer übergeben werden.L: Vom großen Ganzen nun zum Rückblick auf die Aktivitäten des Jahres 2014... Es gab ein Kinderfest, das Seifenkistenrennen, ein Abenteuerland, eine Skatparkeröffnung. Was war Ihr persönliches Highlight?

RS: Eigentlich schwer und doch wieder einfach zu sagen: Mein persönliches Highlight des bisherigen Jahres 2014 war die Eröffnung des neugebauten städtischen Kinderhauses „Schatzinsel“ in Rottenbauer, ein Bau, an dem wir lange geplant und gewerkelt haben und der jetzt realisiert wurde – der erste städtische Kindergartenneubau seit vielen, vielen Jahren. Und natürlich das Seifenkistenrennen, an dem erstmals einer meiner Söhne teilgenommen hat.

L: Was steht auf der Agenda für 2015...?

RS: Im neuen Referat vor allem die Erarbeitung vieler spannender Themen für die Stadtentwicklung und die Steuerung der städtischen Beteiligungen. Wichtig ist dabei vor allem der Ausgleich von Interessen, da beim Kämmerer sehr viele Begehrlichkeiten zusammenlaufen.

L: Wie ist das Sozialreferat für die Migrantenzuwanderung aufgestellt und alle damit verbundenen Herausforderungen?

RS: Seit vielen Jahren beschäftigen wir uns mit dem Thema „Migration“, vor allem in Bezug auf die Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion. Da geht es um die Betreuung der Stadtteile, insbesondere auch den Spracherwerb. Deswegen kennen wir hier viele Problemlagen der Menschen. Derzeit geht es aber zuerst einmal um die Versorgung der Flüchtlinge mit dem Notwendigsten und das ist vor allem ein festes Dach über dem Kopf, Essen, Kleidung, dann auch die soziale Betreuung. Das stellt uns vor gewaltige Herausforderungen. Aber mit einer kleinen und engagierten Truppe konnten wir bislang, neben unserer großen Gemeinschaftsunterkunft, ca. 170 Plätze für Flüchtlinge in der Stadt schaffen und wir arbeiten ständig daran, die Lage weiter zu verbessern.

L: Was muss hier Ihrer Meinung nach auf den Weg gebracht werden?

RS: Nach dem sicheren Ankommen der Menschen und der Unterbringung in guten Umständen ist vor allem wichtig, dass wir die Flüchtlinge nicht alleine lassen. Wir müssen ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Es gibt nichts Schlimmeres, als diese Menschen in einem fremden Umfeld sich selbst zu überlassen. Die Stadt kann hier ergänzend tätig werden, aber zunächst ist das eine staatliche Aufgabe.

Einweihung des Anbaus der Kita an der Löwenbrücke in Würzburg.L: Was bedeutet Integration für Sie?

RS: Integration ist für mich die zeitweilige oder langfristige Aufnahme Menschen anderer Kulturen in unsere Stadtgesellschaft. Integration bedeutet, dazuzugehören, ein Teil der Gesellschaft zu sein und sich auch so zu fühlen.

L: Auf welchen Ebenen ist das eine Aufgabe des Sozialreferates und wo sind hier schon gute Erfolge erzielt worden?

RS: Das Sozialreferat kümmert sich vor allem um das Miteinander in unserer Gesellschaft, die Unterstützung von Schwachen. Wir versuchen, den sozialen Frieden in Würzburg mitzugestalten und Problemlagen auszugleichen. Nach den Migrationsbewegungen der 1990er Jahre sind hier sehr gute Erfolge erzielt worden, insbesondere bei Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion. Diese Menschen konnten einen Platz in unserer Stadt finden, auch wenn sich die erste Generation noch etwas schwer tat, hier Fuß zu fassen. Viele Beispiele auch in meinem Referat zeigen aber die enorme Leistungsbereitschaft, das Können und die Bereicherung unserer Stadt durch Einwanderer aus der zweiten und ersten Generation. Viele dieser Menschen sind zu einer großen Stütze und Bereicherung unserer Gesellschaft geworden. Es ist schön zu sehen, dass Integration hier vielfach gelungen ist, und sich diese Menschen als vollwertige Bürgerinnen und Bürger der Stadt Würzburg begreifen.

Das Interview mit Robert Scheller, dem ehemaligen Sozialreferenten und jetzigen Kämmerer der Stadt Würzburg, führte Leporello-Chefredakteurin Susanna Khoury.

Bildnachweis: Khoury

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